Wasserkraftwerk in Mavrovo Nationalpark doppelt so teuer wie geplant

NGOs treffen EBRD Delegation in Skopje und fordern Rückzug vom Dammprojekt

 

Staudämme gefährden die letzten Balkanluchse im Mavrovo Nationalpark (Foto: BLRP/Scopes)

Skopje, 21. Oktober 2014 Das umstrittene Wasserkraftprojekt Boskov Most im mazedonischen Mavrovo Nationalpark dürfte doppelt so teuer werden wie geplant. Das ist eines der Themen beim heutigen Treffen der Nichtregierungsorganisationen (NGOs) mit Vorstandsvertretern der EBRD (Europäische Bank für Wiederaufbau und Entwicklung) in der mazedonischen Hauptstadt in Skopje.  Die NGOs fordern dabei den Rückzug der Bank von den Wasserkraftprojekten im Nationalpark.

Statt den bisher geplanten 85 Millionen Euro für den Bau des Großstaudamms Boskov Most, von denen die EBRD 65 Millionen übernehmen will, gehen Experten nun von tatsächlichen Kosten in Höhe von 200 Millionen Euro aus. „Das ist ein weiterer Beleg, wie dilettantisch dieses Projekt vorbereitet ist. Es fehlt nicht nur eine professionelle UVP, sondern auch eine ökonomische Machbarkeitsstudie“, so Aleksandra Bujaroska, Leiterin der Balkan Rivers Kampagne in Mazedonien.

Zuvor hatten bereits Ökologen, internationale Umwelt-organisationen und Wissenschaftler das Projekt heftig kritisiert. Doch die EBRD ließ sich bis jetzt davon nicht beeinflussen. Sie will mitten in einem der ältesten Nationalparks Europas einen Großstaudamm sowie sieben kleinere Wasserkraftwerke finanzieren (ein Kleinkraftwerk ist bereits fertiggestellt).  

Dabei hatten Experten der Bank selbst festgestellt, dass Boskov Most Projekt gegen die eigenen Umweltstandards verstößt. So war etwa die präsentierte Umweltverträglichkeitsprüfung (UVP) eine Farce, Daten waren unvollständig und die Schlussfolgerungen falsch. Mehr als 100 internationale Wissenschaftler protestierten gegen diesen Missbrauch in einem offenen Brief an die Bank. Laut Urs Breitenmoser, Stellvertretender Vorsitzender der IUCN SSC Cat Specialist Group wäre der Bau eine enorme Bedrohung für den Balkanluchs: „“In Mavrovo findet sich...das letzte reproduzierende Vorkommen des Balkanluchses.... Eine zusätzliche Belastung des Bestandes könnte dazu führen, dass eine der am stärksten bedrohten autochthonen Säugetierpopulationen Europas gänzlich ausstirbt.“

In weiterer Folge unterzeichneten etwa 100.000 Personen eine Petition für den Erhalt des Nationalparks und gegen den Bau der Staudämme. Doch die EBRD ignoriert diese Kritiken bislang beharrlich und riskiert dabei selbst die Aberkennung des Nationalpark Status. Die Generaldirektorin der Weltnaturschutzunion IUCN, Julia Marton-Lefèvre, stellte bereits am 19.3.2014 in einem Schreiben an die EBRD klar: „Die Realisierung des Projekts Boskov Most...hätte drastische Folgen für den Mavrovo Nationalpark ... und könnte dazu führen, dass die Glaubwürdigkeit als Schutzgebiet der Kategorie II verloren geht.“ (Anmerkung: IUCN Kategorie II = Nationalpark)“. Marton-Lefèvre ersuchte in dem Brief auch um ein Treffen mit der Bank, das bis heute nicht stattgefunden hat. 

„Allein die Tatsache, dass die EBRD Wasserkraftwerke inmitten eines Nationalparks fördern will, ist untragbar. Noch schlimmer ist fast, dass sie bei internen Entscheidungen zu diesem Projekt auf tendenziöse und mangelhafte Grundlagen zurückgreift und scheinbar nicht bereit ist, ihre Position zu revidieren“, so Ulrich Eichelmann von Riverwatch, Koordinator der internationalen Kampagne „Rettet das Blaue Herz Europas“.

 

Hintergrundinformation

Kampagne Rettet das Blaue Herz Europas: Die Staudämme im Mavrovo Nationalpark sind nur ein Teil einer wahren Staudammflut, die derzeit den Flüssen auf der Balkanhalbinsel drohen. Mehr als 570 Wasserkraftwerke (> 1 MW) zwischen Slowenien und Albanien sind derzeit geplant. Um der Zerstörung entgegen zu wirken, haben EuroNatur und Riverwatch gemeinsam mit Partnern aus den Balkanländern die internationale Kampagne „Rettet das Blaue Herz Europas“ gestartet.  Mehr Informationen unter: www.balkanrivers.net/de

 

Rückfragen:
Ulrich Eichelmann – ulrich.eichelmann@riverwatch.eu, 0043 676 6621512

Aleksandra Bujaroska  -aleksandra.bujaroska@front.org.mk  00389 78433713
Cornelia Wieser – cornelia.wieser@riverwatch.eu, 0043 650 4544784